DIE PFORTE DES ORIENTS
6. März 2019ERFAHRUNGEN IM MÄRZ 2019
17. März 2019
Verfasst von Markus Roepke
Bei strömendem Regen sind wir morgens in Istanbul losgefahren. Das Garmin hat uns sicher über den Bosporus nach Asien gebracht. Doch eine Mautstelle suchen wir vergebens – die nächsten 300 km. Über Ankara geht es in den zentralen Osten der Türkei nach Kappadokien. Ach ja – Maut! Also das Kaufen von prepaid Transpondern, die man auf die Scheibe klebt ist keine Option, sondern die einzige Möglichkeit. Denn an einer Mautstelle blinkte und hupte es ganz wild. Da habe ich dann mal angehalten und einen Mitarbeiter der türkischen Post, die dort ein Büro hat in fließendem deutsch befragt worauf er fließend türkisch antwortete. Ich habe ihm dann 100 TL gegeben und mein Konto aufgeladen. Ich denke, damit kann ich sehr weit reisen und STA-VT 22 wird nicht als Mautpreller zur Fahndung ausgeschrieben.
In der Dunkelheit erreichten wir nach gut 740km Göreme, den zentralen Ort in Kappadokien. Der Tourismusboom der letzten Jahre hat für uns den Vorteil, dass selbst im Winter Campingplätze geöffnet sind. So bleiben wir dann zwei Nächte bei dem Klassiker „Panorama Camping“. Am nächsten Morgen bin ich dann doch sehr erschrocken über das Ausmaß des Tourismus. Am Himmel gut 100 Heißluftballone mit gut 1000 Gästen in den Körben. Und dabei ist es Winter und die Tickets kosten ab 130€.
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Göreme selbst habe ich nicht wiedererkannt – aber ich habe mich ja auch seit 1989 verändert. Nur bin ich nicht so aufgeplustert, so laut und so gschaftig geworden.
Im Töpferort Avanos gibt es Tongefäße nur noch im Art-Shop und das Essen ist auf dem Niveau „Abfütterung von Touristenbussen“. Schade …
Nächster Versuch ist dann Zelve. Aber dort begrüßen uns Kinderkirmes und Fast-Food – rückwärts geht es ganz schnell zur Straße zurück.
Ok, da war doch noch das selbst im Hochsommer einsame Love Valley mit Weinstöcken und Paradeisern. Ein paar Quad-Touristen rechts im Schotter überholt und mit verbliebener Ortskenntnis und gesundem Menschenverstand stehen wir bald an dem Zugang zum Tal. Autos dürfen nicht reinfahren, aber daran halten nur wir uns. Eine mehrsprachige Tafel mit weiteren Hinweisen und Erklärungen (ob im türkischen Originaltext auch von phallischen Steinformationen die Rede ist?), dass wir den Bauern die Früchte ihrer Arbeit nicht klauen sollen steht am Eingang. Nun, es ist jetzt schon sehr einsam gewesen und ich habe so einiges wieder erkannt – aber für mich ist der Reiz auch hier etwas verloren gegangen.
Also machen wir uns auf den Weg in den Südosten zum Nemrut Dag. Doch die Berge sind hoch und die verschneite Landschaft so grandios, dass wir uns zeitlich völlig vertun und einen Schlafplatz in Golbashi am See mit Hilfe von iOverlander finden. Ganz liebe Menschen, die das Lokal führen und uns abends noch mit viel Tee versorgen und uns morgens ein prächtiges Frühstück bereiten – nicht ohne vorher den gesamten Speisesaal mit Gartenschlauch und Schrubber inklusive Fenster und Wände für uns zu putzen.
Auf dem Weg über Kayseri und Adiyaman beginnt es zu regnen und wir erreichen die neue Straße zum Nemrut am frühen Nachmittag. Weit oben an der Straße sprechen wir mit dem Parkwächter und den Soldaten, die den Pass bewachen. Nein, die Straße sei gut zwei Meter hoch mit Schnee bedeckt und es ginge nicht viel weiter. Recht hatten sie und auch auf der Verbindung zur weiter östlich gelegene Straße ging es irgendwann nicht weiter. Also drehen wir um und ziehen ostwärts. Doch auf dem Weg kommen wieder Hinweisschilder zum Nemrut und wir starten den dritten Anlauf – der dann auch wieder vor einer Schneewand endet. Dafür werden wir gut bekocht und schlafen sicher beim Hotel Karadut.
Fazit: Winter ist Winter und erst recht auf 2200m Höhe. Um die berühmten Statuen von Antiochus zu sehen müssen wir dann doch noch einmal kommen.
Schwierig gestaltet sich dann unsere Weiterfahrt, denn das Auswärtige Amt hat nicht mit Schauermärchen und Warnung gespart und quasi die ganze Osttürkei zur No-Go-Area erklärt. Das Hauptproblem für uns Reisende ist wohl, dass man unversehens in eine militärische Operation hineingeraten kann oder sich mit den falschen Menschen unterhält. Alle Türken und auch Kurden, mit denen wir die Sicherheitslage besprachen haben uns ermutigt, die wunderschönen Städte Gaziantep, Urfa, Mardin und Diyarbakir zu besuchen – alle auf der roten Liste des AA. Selbst die Autobahn erschien zu unsicher und wir machten uns auf einen Umweg über den Norden auf in Richtung Van-See. Auf den 400km bergauf und bergab wurden wir an diesem Reisetag ein gutes Dutzend Mal kontrolliert von schwerbewaffneten Soldaten, die von freiwilligen Milizionären unterstützt wurden. Alle Kontrollen verliefen extrem freundlich und einmal wurde ich zum Tee in die Baracke der Soldaten eingeladen, aber die Lage erschien uns sehr angespannt. Die Posten waren mit riesigen Betonwänden abgesichert und jede Zufahrt zu den Kasernen an der Straße für angreifende Fahrzeuge unpassierbar gemacht.
Puh … für keinen ein schöner Zustand.
Wir fanden dann abends einen guten Stellplatz umgeben von vielen LKW an einer Tankstelle. Der dort getankte Kraftstoff – und es sollte vorläufig die letzte Tankfüllung des guten Eurodiesel für Victor sein – stellte sich dann nach kurzer Zeit schon als problematisch heraus, da ein Sensor schlechte Qualität erkannte und den Vito in Notbetrieb schaltete. Doch dazu später im Bericht aus dem Iran.
So schlimm der Schneesturm in der Nacht gewütet hatte, so sonnig war dann der Tag am Van-See und dann später in Dogubayazit beim Ishak Pasha Palast. Magdalenas Fotos sprechen für sich.
Die letzten Lira habe ich dann noch in eine Rasur samt Haarschnitt und die besonders schmerzhafte Entfernung weiterer Haare investiert. Aber das musste sein …
Zum Grenzübergang im türkisch-iranischen Doppelort Gürbulak-Bazergan waren es noch ein paar Kilometer mit Blick auf den Ararat, der sein Haupt allerdings in Wolken hüllte.